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Elternunabhängiges BAföG beantragen – wann möglich?

Beim Antrag auf elternunabhängiges BAföG wird das Einkommen der Eltern nicht angerechnet, entsprechend kürzt es nicht den BAföG Anspruch des Antragstellers. Zwar ist eine elternunabhängige Förderung unter gewissen Voraussetzungen möglich, jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen – schließlich sind Eltern ihren Kindern gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig.

Voraussetzungen für elternunabhängiges BAföG

Die wenigen Ausnahmefälle, in denen elternunabhängiges BAföG beantragt werden kann, sind laut § 11 Abs. 3 BAföG die folgenden. Vorab nur eine kurze Auflistung zur Übersicht der Voraussetzungen, die einzelnen Erläuterungen dazu weiter unten.

  • Der Besuch eines Abendgymnasiums oder Kollegs wird elternunabhängig gefördert (Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (Abitur) auf dem zweiten Bildungsweg)
  • Der Beginn der Ausbildung liegt nach der Vollendung des 30. Lebensjahres
  • Vollwaise; Der Wohnort der Eltern ist unbekannt oder die Eltern im Ausland leben und an den Zahlungen des Unterhalts rechtlich gehindert sind
  • Nach Vollendung des 18. Lebensjahres liegt eine mindestens fünfjährige Erwerbstätigkeit vor Ausbildungsantritt vor
  • Sofern eine dreijährige berufsqualifizierende Ausbildung mit anschließend dreijähriger Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden kann. Ist die Ausbildungszeit kürzer, so muss eine höhere Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden.

Du gehörst zu denen, die Anspruch auf elternunabhängiges BAföG haben? Nutzte den BAföG Rechner und ermittle, in welcher Höhe dir die Förderung zusteht.

Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg

Antragsteller, die die BAföG Förderung für das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg beantragen, werden beim Besuch des Abendgymnasiums sowie eines Kollegs (nicht Berufskolleg!) grundsätzlich elternunabhängig gefördert (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 BAföG). Ebenso werden elternunabhängig gefördert Besuche der (VvV 11.3.3 zu § 11 BAföG):

  • Oberstufe der Berufsoberschulen in Baden-Württemberg
  • Berufsoberschulen in Bayern
  • 13. Klassen der Berufsoberschulen in Niedersachsen

Ausbildungsbeginn nach Vollendung des 30. Lebensjahres

Eine Ausbildung, die nach Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen wird, wird grundsätzlich elternunabhängig gefördert. Jedoch gibt es hier ein paar Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um über das 45. Lebensjahr hinaus überhaupt einen Anspruch zu haben.

Persönliche und familiäre Gründe

Der Auszubildende war vor Überschreiten der Altersgrenze von 30 Jahren aufgrund persönlicher sowie familiärer Gründe daran gehindert, die förderungsfähige Ausbildung / Studium zu beginnen. Gründe hierfür können sein:

  • Schwangerschaft
  • Erkrankung sowie Behinderung
  • Erziehung von Kindern unter 14 Jahren
  • Betreuung von behinderten bzw. hilfebedürftigen Kindern
  • Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren

Bei der Kindeserziehung muss nicht nachgewiesen werden, dass diese ursächlich für den späten Beginn des Studiums ist. Es spielt also keine Rolle, was man in der Zwischenzeit von Abitur zum Studium gemacht hat, wenn Zeiten der Kindeserziehung von Kindern bis zu 10 Jahren vorliegen.

Einschneidende Veränderungen der persönlichen Verhältnisse

Hiermit sind beispielsweise eine Scheidung oder der Tod des Ehegatten gemeint. Entsteht hierdurch beim Antragsteller Bedürftigkeit, da er über kein einzusetzendes Vermögen verfügt und das monatliche Einkommen die Grenze nach § 85 SGB XII (Sozialhilfesatz) nicht überschreitet, so wird über das 30. Lebensjahr hinaus gefördert.

Wichtig ist nur, dass der Antragsteller in der Vergangenheit keine Ausbildung abgeschlossen hat, die nach dem BAföG förderungsfähig ist.

Studium nach Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg

Nur möglich, wenn der Auszubildende die Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg (Abendgymnasium, Kolleg, Fachoberschule etc.) erlangt und dabei das Höchstalter von 30 Jahren überschritten hat.

Das Studium muss sofort nach dem Erwerb der Hochschulreife in Angriff genommen werden. Sollte das Studium nicht sofort nach Erlangen der Hochschulreife erfolgen, dann ist die BAföG Förderung nur möglich, wenn für die Verzögerung persönliche oder familiäre Gründe in Betracht kommen.

Studium ohne Abitur

Die elternunabhängige BAföG Förderung ist auch dann über das 30. Lebensjahr hinaus gegeben, wenn der Student die Zugangsberechtigung zur Hochschule allein aufgrund seiner beruflichen Qualifikation erlangt hat, also ohne Abitur studieren kann.

Vollwaise oder Aufenthaltsort der Eltern unbekannt

Elternunabhängige Förderung bei Vollwaisen

Sind beide Elternteile des BAföG-Berechtigten verstorben, so wird selbstverständlich elternunabhängig gefördert. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Waisenrente bzw. das Waisengeld als Einkommen beim BAföG angerechnet werden, sofern der Freibetrag von 255 Euro bzw. 180 Euro überschritten wird.

Aufenthaltsort der Eltern unbekannt / keine Unterhaltszahlungen möglich

Sofern der Aufenthaltsort der Eltern des BAföG-Berechtigten unbekannt ist und dieser auch nicht ermittelbar ist, wird ebenfalls elternunabhängig gefördert. Diese Tatsache muss dem BAföG-Amt, samt der Erklärung, dass kein Unterhalt von den Eltern bezogen wird, schriftlich mitgeteilt und versichert werden. Die Regelung hierzu findet ihr im § 11 Abs. 2a BAföG.

5 Jahre Erwerbstätigkeit vor Ausbildungsbeginn

Zu beachten ist, dass die Erwerbstätigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt wird. Dabei muss die Zeit von 5 Jahren nicht in einem Stück sondern in der Summe erfolgt sein.

Als Erwerbstätigkeit wird anerkannt:

  • Teilzeit- sowie Vollzeitbeschäftigung
  • Selbstständigkeit
  • Teilzeit während der Ausbildung (neben der Ausbildung!)

Nicht als Erwerbstätigkeit anerkannt werden:

  • Die Ausbildungszeit, auch wenn während dieser Zeit ein Ausbildungsentgelt bezogen wurde
  • Ferienjobs, da sie nicht als Erwerbstätigkeit im Sinne des BAföG gelten

Wichtig ist, dass die Voraussetzungen der fünf Jahre Erwerbstätigkeit bereits vor Beginn des zu fördernden Ausbildungsabschnitts erfüllt sein müssen.

Sollte also der Fall vorliegen, dass zuerst ein Studium angefangen wurde, dies aber aufgrund eines Perspektivwechsels (Ausbildungsabbruch nach höchstens 3 Semestern!) wieder beendet wurde, so gelten die Voraussetzungen als erfüllt, wenn nach der fünfjährigen Erwerbstätigkeit erneut ein Studium oder förderungsfähige Ausbildung angestrebt wird.

Möglichst lückenlose Nachweise

Ein Nachweis über die Erwerbstätigkeit sollte nach Möglichkeit lückenlos, anhand geeigneter Unterlagen (Steuererklärungen, Lohnnachweise, Sozialversicherungsmeldungen, Bescheinigungen der Arbeitgeber etc.), belegt werden.

Keine Erwerbstätigkeit aber gleichwertig

Nach Verwaltungsvorschriften (VwV) 11.3.6 bis 11.3.8 zu § 11 BAföG werden der Erwerbstätigkeit folgende Zeiten und Umstände gleichgestellt:

  • Die Zeiten der Haushaltsführung eines Elternteils, der zumindest ein Kind unter 10 Jahren oder ein Kind, das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, im eigenen Haushalt zu versorgen hat.
  • Wehr- und Zivildienst (sowie diesen gleichgestellte Dienste wie z.B. Entwicklungsdienst, andere Dienste im Ausland)
  • Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bzw. Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)

Daneben können folgende Leistungen als Erwerbstätigkeit anerkannt werden, wenn der Auszubildende hierfür Leistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld etc. erhalten hat:

  • Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit
  • Arbeitslosigkeit (sofern in dieser Zeit keine BAföG-förderungsfähige Ausbildung stattgefunden hat und der Antragsteller der Agentur für Arbeit zur Verfügung stand)
  • Mutterschutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz
  • Erwerbsunfähigkeit
  • Teilnahme an Maßnahmen zur medizinischen oder beruflichen Rehabilitation
  • Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen nach den §§ 77 ff. SGB III

3 jährige Berufsausbildung und 3 jährige Erwerbstätigkeit (insgesamt 6 Jahre)

Wichtig an diesem Punkt zu sagen ist, dass die Reihenfolge folgendermaßen eingehalten werden muss: Erst Ausbildung und dann die Erwerbstätigkeit. Die Zeit der Berufsausbildung kann durchaus kürzer sein (z.B. 2 Jahre), dies muss dann aber wieder mit der Erwerbstätigkeit aufgeholt werden, die dann 4 Jahre betragen muss, damit man in der Summe auf 6 Jahre kommt. Für den Rest gelten die gleichen Voraussetzungen wie bereits bei der 5 jährigen Erwerbstätigkeit.

Erfüllung der Zeiträume in Teilen

Die Erfüllung der Erwerbstätigkeit kann auch in Teilzeiträumen erfüllt sein und muss nicht an einem Stück erfolgen. Hierzu gelten je 30 Tage als Monat. Sollten ein paar einzelne Tage zu der Gesamtsumme der Zeit der Erwerbstätigkeit fehlen, so kann dieser Monat als voll berücksichtigt werden. Vergleiche hierzu VwV 11.3.4 zum § 11 Abs. 3 Nr. 3 BAföG.

Mindesteinkommen bei Erwerbstätigkeit

Voraussetzungen für elternunabhängiges BAföG ist, dass man während der Erwerbstätigkeit vom selbst erwirtschafteten Einkommen leben konnte. Hiervon ist auszugehen, wenn das damalige Brutto-Einkommen mindestens 120% des BAföG Bedarfs für Studierende mit eigenem Hausstand (812 EUR x 120% = 974,40 EUR) zum Zeitpunkt der Antragstellung beträgt. Um einen genauen Wert für das Mindesteinkommen zu erhalten, bitte beim zuständigen BAföG Amt nachfragen.

Beim Bezug von Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld etc. die der Erwerbstätigkeit gleichgestellt werden, muss die Höhe der Leistungen nicht 120% (wie beim Erwerbseinkommen) sondern lediglich 100% des o.g. Bedarfs gedeckt haben.

Titelbild: chainarong06 / shutterstock.com